Entschuldigen ist furchtbar einfach, oder?
Ich gehe durch den Supermarkt, genervt vom hohen Andrang und gestresst durch viele kleine Begebenheiten und remple unachtsam gegen eine andere Kundin oder einen anderen Kunden.
Meine Reaktion ist einfach und logisch: "Entschuldigung! Das tut mir wirklich leid! Ich habe einfach nicht aufgepasst!".
Die Situation ist offensichtlich und da ich mich als Übeltäter oute, ist die Situation schnell geklärt und aus der Welt.
Prima Sache, das mit dem entschuldigen!
Wenn die Vorteile des Entschuldigens aber doch so auf der Hand liegen, warum fällt es dann in anderen Situationen so schwer, sich zu entschuldigen?
Entschuldige ich mich, bekenne ich mich zu meiner eigenen Fehlleistung. Ich verzichte darauf, Anteile der Schuld beim anderen zu suchen.
Das fällt schwer. In den meisten Situationen entstehen Konflikte daraus, ein Wort gibt das andere, man wird verletzt und gibt Verletzungen zurück. Wer hat angefangen, wer reagiert heftiger?
Und wenn ich mich entschuldige, nimmt der andere dann überhaupt meine Entschuldigung an?
Wenn ich mich dazu stelle, das ich etwas angerichtet habe, gebe ich dem anderen die Gelegenheit, nicht allein auf sein Recht zu bestehen. Durch mein Eingeständnis mache ich Platz für Vergebung. Selbst wenn es nicht möglich ist zu vergessen, was geschehen ist, so kann doch Raum und Zeit da sein, neu miteinander ins Gespräch zu kommen und sich zu verständigen.
Entschuldigungen können Leid nicht ungeschehen machen, aber sie erkennen das Leid des anderen an und das ist unendlich viel wert. Sie lassen den, der um Entschuldigung bittet, in einem anderen Licht erscheinen.
Auf Verzeihen hoffen zu können, setzt ungeheure Kräfte frei.
Das Leben fühlt sich ganz anders an.
Meine Gedanken nach einer Diskussion über Vergebung.
Ruth